Die Frauenordination in den Mitgliedkirchen der AGCK Schweiz

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Symbolbild: «Women were ordained plaque» by Pru. Mitchell | CC BY-SA 4.0

Während in der römisch-katholischen Kirche beim synodalen Weg die Frauenfrage zurzeit ganz oben auf der Prioritätenliste (in Westeuropa?) stehe (und auch an der Bischofssynode in Rom behandelt werde), könnten die evangelisch-reformierten Kirchen auf über 100 Jahre Ordination von Pfarrerinnen zurückblicken. Wie steht es bei den Mitgliedern der AGCK Schweiz?

Die grundsätzliche Frage, ob eine Frau biblisch gesehen im Dienst der Verkündigung stehen darf, wird aktuell bleiben und auch weiterhin stark von Tradition, theologischer Prägung und dem jeweiligen Bibelverständnis der jeweiligen Kirche/Gemeinde abhängen.

 Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz
Am 27. Oktober 1918 waren in der evangelisch-reformierten Kirche St. Peter in Zürich Rosa Gutknecht und Elise Pfister durch den Zürcher Kirchenrat «zum geistlichen Amt» ordiniert worden. Noch nie zuvor hatte eine Landeskirche in Europa Frauen zum Pfarrdienst zugelassen. Angestellt wurden Rosa Gutknecht und Elise Pfister in Zürich aber für weniger Lohn und nur als Pfarrhelferinnen. Die Theologinnen konnten nicht automatisch wie die Männer auf ordentliche Pfarrstellen gewählt werden, sondern mussten bis zur Gleichstellung auf gemeindeeigenen Pfarrstellen amten. Seither sind bei den Schweizer Reformierten Frauen im Pfarramt präsent. Allerdings wurden sie erst in den 1960er-Jahren durch kantonale oder kirchliche Volksabstimmungen mit den Pfarrern gleichgestellt. Ende 2022 waren ca. 40% der  berufstätigen Pfarrpersonen Frauen (Pfarrerinnen).

Methodistische Kirche
Auch in den meisten methodistischen Kirchen können Frauen jedes Amt übernehmen. John Wesley gewährte 1761 als Gründer der methodistischen Bewegung Sarah Crosby als ersten Frau die Lizenz zum Predigen. In der Schweiz sind Pfarrerinnen eine Selbstverständlichkeit.

Heilsarmee
Die Heilsarmee hat seit ihren Anfängen Männern und Frauen den gleichen Platz eingeräumt. Dies ist unter anderem dem methodistischen Erbe und dem Engagement von Catherine Booth zu verdanken. Sie schrieb ein Buch, in dem sie die Position der Heilsarmee verteidigte. Ihr Predigtdebüt gab sie im Januar 1860. Seither haben Frauen das Recht zu predigen und konnten von Anfang an auch Verantwortung für Gemeinden oder Institutionen tragen. Evangeline Booth war die erste weibliche Generalin (1934-1939) der Heilsarmee. Heute sind in der Schweiz mehrere junge Offizierinnen als Pastorin verantwortlich.

Römisch-katholische Kirche
In der römisch-katholischen Kirche ist jedes geweihte Amt seit 1024 auf Männer beschränkt. Der Versuch einer Frauenordination führt zu einer automatischen Exkommunikation. Die Zulassung der Frauen wird u.a. die Vertretenden der Schweizer Kirche in die Bischofssynode einbringen, welche im Oktober in Rom stattfindet.

Christkatholische Kirche
Die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz hat 1976 in einer Erklärung noch festgehalten, der Zugang von Frauen zu den geistlichen Ämtern sei ausgeschlossen. Das hat in verschiedenen Kirchen, auch in der Schweiz Widerstand geweckt. 1997 beschloss sie, dass jede Kirche für sich entscheidet, ob Frauen zum dreistufigen Ordo zugelassen sind. Das sei keine Frage, die zu einer Trennung der Kirchen führe. 1999 beschloss die Synode der christkatholischen Kirche der Schweiz, dass Frauen zu Ständigen Diakoninnen, Priesterinnen und Bischöfinnen geweiht werden können. 2000 wurde die erste Frau zur Priesterin geweiht.

Orthodoxe Kirchen
Die Orthodoxe Kirche sieht in dem neuen Kirchen- und Amtsverständnis der Reformation einen tiefgreifenden Traditionsbruch. Sie weiht keine Frauen. Zum Priester können verheiratete Männer geweiht werden, wenn sie vor ihrer Weihe bereits verheiratet waren. Bischöfe und Mönche bleiben zölibatär. Es gibt bis zum heutigen Tag zum Thema der Stellung der Frau in der Kirche keine gesamtorthodoxe Verlautbarung von ökumenischer Autorität, aber das Thema wird durchaus diskutiert.

Neuapostolische Kirche
Die Neuapostolische Kirche hat ihr geistliches Amt für Frauen geöffnet: Ab Jahresbeginn 2023 können sie in alle Amtsstufen ordiniert und auch mit Führungsaufgaben auf allen Ebenen betraut werden. Das hatte der internationale Kirchenleiter, Stammapostel Jean-Luc Schneider, im September 2022 bekanntgegeben.

Church of England
Die Ordination von Frauen in der Anglikanischen Kirchengemeinschaft ist seit den 1970er Jahren zunehmend üblich geworden. Die USA waren die Ersten (1970 Frauenordination, erste Bischöfin: 1989). Es gibt aber weiterhin Diözesen, die nur Männer ordinieren. Die Auseinandersetzungen über die Ordination von Frauen haben zur Entstehung und zum Wachstum progressiver Tendenzen beigetragen. Einige Provinzen der Anglikanischen Gemeinschaft ordinieren Frauen zu den drei traditionellen Weiheämtern Diakonin, Priesterin und Bischöfin, andere Provinzen ordinieren Frauen zu Diakoninnen und Priesterinnen, aber nicht zu Bischöfinnen; wieder andere nur zu Diakoninnen. England hatte seine erste Bischöfin in 2015.

Lutherische Kirche
Die Frauenordination sei «ein Geschenk der lutherischen Theologie», sagte der ehemalige Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Martin Junge. Heute stehe in rund 85 Prozent der 148 LWB-Mitgliedskirchen in 99 Ländern weltweit das ordinierte Gemeindeamt sowohl Männern wie Frauen offen (Stand: 2021) und diese Zahl wächst weiter“. So gibt es in Westeuropa lutherische Pfarrerinnen, welche einer Gemeinde vorstehen oder ein Bischofsamt übernehmen können.

Bund Schweizer Baptistengemeinden
Bei den Baptisten steht die Autonomie der einzelnen Ortsgemeinde im Vordergrund. Untereinander sind die Gemeinden in erster Linie „durch den einen Herrn und den einen Geist“ verbunden. Der organisatorische Zusammenschluss ist im Glaubensverständnis der Baptisten zweitrangig. Darum geniesst jede Gemeinde – auch in der Deutschschweiz – die Freiheit, selbst über die Einstellung einer Pfarrerin oder Pastorin zu entscheiden. Das entspricht dem kongregationalistischen Selbstverständnis der Baptisten.

Adventisten (Beobachterin AGCK.CH)
2015 hatte die adventistische Weltsynode abgelehnt, den weltweit dreizehn teilkontinentalen Kirchenleitungen (Divisionen) die Kompetenz zu erteilen, selbst zu entscheiden. Trotz dieses Beschlusses haben überregionale adventistische Kirchenleitungen (Unionen) beschlossen, die Ordination für Frauen zu ermöglichen bzw. haben Frauen zum Pastorendienst ordiniert, so in: China, Deutschland, Niederlande, Slowakei, Tschechien, USA. Norwegen und Schweden fassten alternative Beschlüsse und werden keine Pastoren mehr ordinieren. Die Adventisten in Dänemark wollen nur noch die Bezeichnung „Pastor/Pastorin“ verwenden ohne zwischen „gesegnet“ oder „ordiniert“ zu unterscheiden. Gegenwärtig sind in der Schweiz bei den Adventisten ausschliesslich Männer im Pastorendienst tätig.

Freikirchliche Pastorinnen seit 1761
Bei den Freikirchen geht die Förderung der Frauen weiter zurück: «Eigentlich war es die evangelikale Bewegung, in der erstmals im Protestantismus Frauen zu Wort und auf die Kanzel kamen», erklärt Prof. Dr. Thorsten Dietz in seinem Buch «Menschen mit Mission – eine Landkarte der evangelikalen Welt» (2022).

Herrnhuter Brüdergemeinde
Ein Vorreiter war die Herrnhuter Brüdergemeinde, der von Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf gegründeten internationalen Kirche in Deutschland: Diese hat schon im 18. Jahrhundert Priesterinnen, Presbyterinnen und Diakoninnen ordiniert.

BewegungPlus
Ein weiteres Beispiel der Ordination von Frauen in Schweizer Freikirchen ist die BewegungPlus: An der Leiterkonferenz 2002 wurde beschlossen, dass der Leiterschaftsdienst in den Gemeinden fortan auch den Frauen offensteht. Es ist nicht eine Frage ob Mann oder Frau, sondern eine Frage der Berufung, Begabung und der Führung durch den Heiligen Geist.

Viva Kirche (vormals Chrischona)
Bei der Chrischona (heute Viva Kirche) hat der aktuelle Präsident Christian Haslebacher 2016 mit seiner Masterarbeit und dem Buch «Yes, she can!» den Weg geebnet, dass Frauen sämtliche Aufgaben innerhalb der Kirche offenstehen.

Schweizerische Pfingstmission
Bei der der Schweizerischen Pfingstmission sagten vor zwei Jahren 92 Prozent der Teilnehmenden an der Generalversammlung Ja zur Frauenordination. Frauen im Lehr- und Predigtdienst gibt es bereits heute.

Quelle: Webseiten der Kirchen, Adventistischer Pressedienst, freikirchen.ch