Christentumsgeschichte – aussereuropäisch

Meinung

Die XI. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe hat Vertreterinnen und Vertreter  von über 300 Kirchen aus aller Welt zusammengebracht. Das kürzlich erschienene Buch von Klaus Koschorke, Grundzüge der Aussereuropäischen Christentumsgeschichte. Asien, Afrika und Lateinamerika 1450–2000. Tübingen 2022, hilft zum Verständnis der bunten weltweiten Kirchen- und Christentumslandschaft.

«Was lange währt …» so lässt sich bei diesem überaus spannenden und nützlichen Buch mit Fug und Recht zitieren. Die Erkenntnisse von mehr als 40 Jahren intensiver Forschung und weit über 50 Jahre an Reisen in die aussereuropäischen Länder packt der Autor zwischen zwei (leider) broschürte und wenig stabile Buchdeckel. Bei intensivem Gebrauch werden die Buchdeckel rasch leiden, der Inhalt aber für kommende Jahrzehnte als rasches und übersichtlich gegliedertes Nachschlagewerk seine Bedeutung behalten.

«Christ is the Answer» so ruft das 1997 vom Autor in Kintampo/Ghana aufgenommene Titelbild der Leserin, dem Leser zu. Dieses Versprechen will das Buch nicht einlösen, gleichzeitig ist dieses Bild Programm, denn es geht im Buch primär um Initiativen und Aktivitäten einheimischer Christinnen und Christen. Mit den zahlreichen Illustrationen werden die sorgfältig zusammengetragenen Quellentexte anschaulich in Zeit und Raum gestellt. Im Buch sind die Bilder «nur» in Graustufen zu sehen. Dem früheren Münchner Professor und leidenschaftlichen Menschenbeobachter und Fotografen ist es wichtig, die textlichen Quellen aus Archiven und Bibliotheken mit einer spannenden Auswahl von Bildern digital und wenn immer möglich farbig zu ergänzen. Mit dem digitalen Anhang (Creative Commons-Lizenz) ist es gelungen Buch und digitales Bildmaterial so zu kombinieren, dass die immer wieder überraschenden Fotos zwar in Lehre und Unterricht verwendet werden können, sie aber nicht in den Tiefen des Internets einfach frei herumgeistern. Die Details zur Nutzung finden sich auf der letzten Seite des Vorworts. Ab 2027 werden die Bilder auch auf dem «Open Data LMU» Repositorium abrufbar sein. Auf die Veröffentlichung des links sei hier jedoch verzichtet.

Das Buch beginnt mit einem Rückbezug auf Vasco da Gama: «Statt einer Einleitung: ‹Christen und Gewürze› – oder: die Vielzahl regionaler Zentren in der globalen Christentumsgeschichte» und weist programmatisch darauf hin wie begrenzt eine eurozentrierte Betrachtung der Kirchen- und Christentumsgeschichte ist. Der Hinweis auf die von der ökumenischen Bewegung veränderten Perspektive wie auf die unterschiedliche «Missionsgeschichte» im Blick auf Korea oder Äthiopien und vielen anderen Teilen der Welt, wird zum Augenöffner.

Während das 2004 erstmals erschienene Quellenbuch Aussereuropäische Christentumsgeschichte (Koschorke; Ludwig; Delgado) auf Texte fokussiert, die jeweils mit kurzen Einleitungen versehen sind, bietet das vorzustellende Werk eine vertiefende und fortlaufend lesbare Darstellung, eben «Grundzüge», die prägnant und präzise in die Geschichte der Kirchen im globalen Süden einführt. In der Gliederung des Werks wird deutlich, dass Koschorke Kirchenhistoriker bleibt, der einerseits synchron Bezüge zwischen Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika sichtbar macht und andererseits diachron die kirchliche Gegenwart betrachtet.

«Nimm und lies» oder besser: «nimm und blättere und lies dann mal da mal dort» ist die Gebrauchsanweisung für dieses Buch, das so geschrieben ist, dass nicht nur Fachleute auf ihre Kosten kommen und sich in fremde Zeiten und Welten vertiefen können.

Christoph Knoch, Bern

 

Inhaltsverzeichnis, XX, 361 Seiten.  ISBN 978-3-8252-5934-1. 29,00 € / Fr.44.90

Aussereuropäische Christentumsgeschichte - Kinder in Baksiyan (Tur Abdin, Türkei) werden in der aramäischen Sprache unterrichtet, 1998 | © Klaus Koschorke
«Das ist ein Telegraph» Aarmäisches Manuskript aus dem Tur Abdin, 1998 | © Klaus Koschorke