Berner Münster: Einheitswoche 2023
Mitwirkende
Predigt: Mikie Roberts, Herrnhuter Pfarrer aus der Karibik und seit 2019 ÖRK Programmreferent für geistliches Leben in Genf
Liturgie des Abendmahls: Pfrn. Renate Dienst, Evangelisch-Lutherische Kirche Bern
Liturgie: Revd. Helen Marshall, The Church of St Ursula Berne; Pfr. Frieder Vollprecht, Herrnhuter Sozietät; Pfr. Christian Schaller, römisch-katholische Pfarrei Dreifaltigkeit; Pfr. Christoph Schuler, christkatholische Kirche Bern; Major Lukas Wittwer, Heilsarmee Bern; Pastor Jürg Bräker, Evangelische Mennoniten-Gemeinde (Alttäufer) Bern; Pfr. Olivier Schopfer, Paroisse française reformée de Berne; Pfr. Beat Allemand, evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Münster
Chor der Heilsarmee unter Leitung von Michel Sterckx
An der Orgel Christian Barthen
Aus der Predigt von Mikie Roberts: «Hört auf, Böses zu tun! Lernt, Gutes tun!» (Jesaja 1,16b.17a)
Ich dachte, dass das Jahr 2014 das letzte in meinem Leben gewesen wäre, in dem ich mich mit irgendeiner Art von formellem Lernen beschäftigen musste. Als ich endlich die Zeit meines Studiums abgeschlossen hatte, wäre es untertrieben zu sagen, dass ich erleichtert war. Gott sei Dank waren meine Tage im Klassenzimmer als Student endlich vorbei. Zumindest dachte ich das. Im Jahr 2019 fand ich allerdings sehr schnell heraus, dass man, um seine Arbeitserlaubnis in Genf verlängern zu lassen, den Behörden nachweisen muss, dass man mindestens Grundkenntnisse in Französisch besitzt. Damit ich einen solchen Nachweis erbringen konnte, befand ich mich innerhalb weniger Wochen nach Beginn meines Dienstes beim Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) wieder in einem Klassenzimmer. Ich war nun wieder Student in einem formellen Rahmen – mit einem Lehrer, Klassenkameraden, einem Lehrplan, Hausaufgaben und einer Prüfung, die ich am Ende des Kurses bestehen musste. …. Beim Nachdenken über das Thema der Gebetswoche für die Einheit der Christen für das Jahr 2023, möchte ich heute mit Ihnen drei Lektionen teilen, die mir passend zu unserem Text zu sein scheinen. Der Teil, den ich als Fokus ausgewählt habe, kann nämlich als Kern eines Lehrplans angesehen werden, den Gott für das Volk Israel vorbereitet hatte. Der Prophet Jesaja richtete ihnen aus, dass es in dem Klassenzimmer, in das Gott sie gebracht hatte, einige Lektionen für sie zu lernen gab. Sie umfassten sowohl Theorie als auch Praxis und erforderten Zeit im Klassenzimmer und Zeit im Labor. Letztendlich würde es aber dazu führen, dass sie nicht nur klüger werden, sondern ein Volk Gottes, das aufgrund der Lektionen, die es gelernt hat, besser geworden ist. Das Lehrbuch, das sicherstellen sollte, dass der Lehrplan eingehalten wird, hatte in der Tat viele Kapitel. Aber die Substanz und Essenz von allem führte zu dauerhaften und wirkungsvollen Veränderungen. Es ging um Bekehrung, um einen Aufruf zur Befreiung. Die Identität zu der sie sich bekannten, sollte durch ihr Leben auch tatsächlich widergespiegelt werden. Und zentral für diese Umgestaltung war der Aufruf: „Hört auf, Böses zu tun! Lernt, Gutes tun!“
V – Vermitteln
Wenn wir aufhören wollen, Böses zu tun und lernen wollen, Gutes zu tun, müssen wir als erstes erkennen, dass Lernen .und Lehren zwei Spuren auf demselben Weg sind, Um zu lernen, muss man auch bereit sein, sich belehren zu lassen. …
W – Wiederholen
Zweitens: Um Aufhören zu können, Böses zu tun und lernen zu können, Gutes zu tun, muss es einen Prozess des Wiederholens geben. Man sagt, dass Übung den Meister macht. Aber seit einigen Jahren habe ich dieses Sprichwort für mich dahingehend verändert, dass Praxis den Meister macht. …
B – Bewerten
Drittens und letztens: Wenn wir mit dem Bösen aufhören und lernen wollen, Gutes zu tun, sollten wir uns immer wieder vor Augen führen, dass ein Tag kommen wird, an dem es eine Bewertung geben wird. Nicht jeder Schüler schneidet gut ab, wenn die Zeit gekommen ist, dass er einen Test ablegen muss. …
Diese Bewertung, wie es im Leben so üblich ist, lässt einige mit Freude und andere mit Traurigkeit zurück. Im Evangelium wird gesagt, dass diejenigen, die gelernt hatten, Gutes zu tun, etwas getan haben, was ihnen selbst nicht bewusst war. Hören wir noch einmal diese Bewertung: „Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben, ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben, ich war ein Fremder und ihr habt mich aufgenommen, ich war nackt und ihr habt mich bekleidet, ich war krank und ihr habt euch meiner angenommen, ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen.“ Und wem wurden diese guten Taten getan? „Amen, ich sage euch: Was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“
Die gleiche Bewertung wurde gegeben, aber nicht alle Ergebnisse waren gleich. Denn während einige gerne im Festsaal des Königs willkommen geheissen wurden, führte die Bewertung der anderen zur ewigen Trennung. Haben Sie sich jemals gefragt, wie wir als Nachfolger Jesu Christi bewertet werden? Oder wurden solche Gedanken aus unserem zeitgenössischen theologischen Denken herausgestrichen? Jedes ehrliche und ernsthafte Gebet für die Einheit der Christen, dem ein Sinn für soziale Gerechtigkeit fehlt, ist unvollständig. Das ist eine der zentralen Botschaften der Autorengruppe aus Minneapolis, Minnesota in den USA,
die uns vermitteln will, wie sie im Epizentrum der Gemeinschaft stand, die den Mord an einem unbewaffneten Schwarzen, George Flloyd, durch einen weißen Polizisten miterlebte. Zu wissen, dass einmal eine Bewertung kommt, sollte uns dazu anleiten, wie wir uns dem annähern können, was auf dem Lehrplan steht und was wir tun wollen.
Wenn wir also in dieser Woche, in diesem Monat und sogar in diesem Jahr für die Einheit der Christen beten, mögen wir in all unserem Gebet um dieselbe Einheit, für die Christus gebetet hat, auch den Entschluss fassen: Aufzuhören Böses zu tun und lernen, Gutes zu tun. Amen.